Grundgedanken

Nach §§ 45 b und 43 b des elften Sozialgesetzbuches haben Personen mit einer eingeschränkten Alltagskompetenz (z.B. auf Grund einer Demenzerkrankung oder geistigen Behinderung) einen Anspruch auf zusätzliche Betreuungsleistungen und Pflegeheime haben für die notwendige, zusätzliche Betreuung und Aktivierung dieser Menschen einen Anspruch auf Vergütungszuschläge. Je Tag und Bewohner wird von den Pflegekassen ein vereinbarter Betrag erstattet, der direkt an die Pflegeeinrichtung ausgezahlt wird. Die gesetzliche Änderung schaffte die Möglichkeit, die Betreuung und Aktivierung dieses Personenkreises durch zusätzlich eingestelltes Personal (Präsenzkräfte) zu verbessern.

Die zusätzliche Betreuung ist Bestandteil der Tages- und Wochenstrukturierung und fördert die soziale Integration, wirkt Desorientierung, Immobilität und Isolation unserer Bewohner entgegen. Sie soll Sinn geben und Wohlbefinden schaffen, jedoch nicht überfordern.

Besonders wichtig ist diese Struktur für unsere gerontopsychiatrisch veränderten Bewohner. Gleichförmigkeit und Wiederholung sind unverzichtbar für diese Gruppe, sie verleihen die notwendige Sicherheit im Alltag.

Wir beschäftigen eine festangestellte Betreuungskraft, die sich durch verschiedene Fort- und Weiterbildungen (Validation, Anwendung der basalen Stimulation) auf den Bereich der Bewohner mit Demenzen spezialisiert hat. Ihr hilfreich stehen zeitweilig Pflege- und / oder Hauswirtschaftskräfte sowie Praktikanten zur Seite.

Koordiniert werden alle Maßnahmen der zusätzlichen Betreuung von unserer Pflegedienstleitung bzw. unserer stellvertretenden Pflegedienstleitung.

  1. Zielgruppe

Alle Bewohnerinnen und Bewohner mit einer demenziellen Erkrankung, einer

psychiatrischen Erkrankung oder einer geistigen Behinderung, die einen erheblichen

Mehrbedarf an Beaufsichtigung und Betreuung haben und vollstationär oder als

Kurzzeitpflegegast in unserer Einrichtung betreut werden. 

Anspruchsberechtigt sind alle Bewohner, unabhängig von einer Pflegeeinstufung, sofern die Voraussetzungen nach § 45a SGB Xl erfüllt sind.

Dabei bleibt die freiwillige Teilnahme jedem Bewohner selbst überlassen. Auch Angehörige sind bei den Aktivitäten willkommen und werden mit einbezogen.

  1. Ziele der zusätzlichen Betreuung und Aktivierung

Für die anspruchsberechtigten Pflegebedürftigen wird durch den Einsatz zusätzlicher

Betreuungskräfte die Betreuung intensiviert und die Lebensqualität verbessert. Ebenso wird durch die zusätzliche Betreuung und Aktivierung die Kommunikation mit anderen Menschen gefördert, Alltagsaktivitäten unterstützt und mehr Teilhabe am Leben der Gemeinschaft ermöglicht.

  1. Die Eingewöhnungs-und Integrationsphase

Beim Erstgespräch und in der Anamneseerstellung werden nach und nach persönliche Daten und lebensgeschichtlich bedeutende Ereignisse erfragt. Für die Bewohner ist diese Auskunft freiwillig. Bei Bewohnern, die zur Auskunft selbst nicht fähig sind, werden die Angehörigen mit einbezogen. Über den Eintrag in dem Biografiebogen können die Betreuungs-und Pflegekräfte erkennen, welche Vorlieben und Abneigungen der Bewohner hat und ihn entsprechend an die Angebote heranführen. 

Jeder Bewohner erfährt Unterstützung bei der Suche nach neuen sinnvollen Beschäftigungen. Dabei werden die körperlichen und  geistigen Einschränkungen, aber auch seine Ressourcen berücksichtigt.

Nach 4 Wochen wird der Bewohner gefragt, wie er sich in der Gemeinschaft integriert fühlt und wahrgenommen wird. Wünsche und Kritik werden dabei für die weitere Angebotsplanung berücksichtigt.

Nach insgesamt 6-8 Wochen erfolgt ein weiteres Gespräch, um die Integrationsphase abzuschließen.

  1. Unsere Angebote

Je nach persönlicher Situation der betreffenden Bewohner werden die Angebote als

Einzel- und/oder Gruppenbeschäftigung angeboten. Die Bedürfnisse und den biografischen Hintergrund unserer Bewohnerinnen und Bewohner berücksichtigen wir individuell in der Planung der Aktivitäten. Wir erfassen dies in der Pflegedokumentation (Pflegeplanung AEDL  9 „Sich beschäftigen“).

Folgende Bedürfnisse stehen für uns dabei für die Bewohner im Vordergrund:

  • Bewahrung der Identität
  • Zuwendung und Geborgenheit 
  • Unabhängigkeit und Selbstbestimmung soweit wie möglich
  • soziale Anerkennung und Einbindung
  • Spaß und Freude an den Aktivitäten 
  • Erfolgserlebnisse und Anerkennung jedes einzelnen und in der Gruppe

Die Angebote im Einzelnen sind:

  • Malen und Basteln
  • Singkreis
  • Zeitungsrunde
  • leichte Gartenarbeit
  • Gymnastik
  • Kochen und Backen
  • Musik hören, musizieren, singen
  • Brett- und Kartenspiele
  • Bewegungsspiele (Kegeln, Ringe werfen)
  • Spaziergänge und Ausflüge
  • Besuch von Andachten (Pastorin kommt 1x monatlich Mittwochs ins Haus)
  • Lesen und Vorlesen
  • Fotoalben anschauen, Anfertigung von Erinnerungsalben
  • Bewegungsübungen und Tanzen in der Gruppe
  • 10 Minuten Aktivierung
  • Basale Stimulation
  • Gedächtnistraining
  • Begleitung von Frühstücks- und/oder Abendbrotgruppen
  • Besuche der Kindergartenkinder
  • Gestaltung der Räume bei jahreszeitlichen Festen
  • Therapeutischer Tischbesuch (TTB)

Erläuterungen:

Gedächtnistraining 

  • Form: Stuhlkreis
  • Immer Begrüßung und Verabschiedung, Störung sind zu vermeiden
  • 1-2 PK Vorbereitung 1 PK, bei der Übergabe am Morgen wird festgelegt wer dies verantwortlich macht
  • Anleitung in Skripten und Büchern im Flur zur Küche
  • Auch als EB möglich
  • Angehörige sind willkommen, werden immer wieder eingeladen
  • Benennung von Gegenständen und Wörtern nach Buchstabenvorgabe 
  • Sprichwörter
  • Berufe Raten
  • Tiere Raten
  • tägliches Zeitungsvorlesen und Diskussion verschiedener Artikel
  • gesellige Erzählrunde

 

Basale Stimulation:

Die basale Stimulation nach Fröhlich ist ein Konzept, das ursprünglich in der Arbeit mit Schwerstbehinderten entwickelt worden ist. Bei schwerstbehinderten Menschen ist oft keine verbale Kommunikation möglich. Also muss eine nonverbale Kommunikation geschaffen werden. Daher eignet sich diese Form der Kommunikation auch sehr gut für Bewohner, die vollständig und schon über einen längeren Zeitraum immobil sind. Ziel ist es, dem Bewohner, der nicht mehr verbal kommunizieren kann und durch das lange Liegen, das Gefühl für seinen Körper meist verloren hat, durch gezieltes Berühren den Körper wieder erfahrbar zu machen. Dabei kommuniziert der Bewohner auf körperlicher Ebene, zeigt zum Beispiel Stress durch Schwitzen, eine beschleunigte Atmung und Abwehrverhalten. Wenn die Mitarbeiter darauf eingehen und ihre Maßnahmen anpassen, gewinnen sie Vertrauen. Der Bewohner spürt, dass auf ihn eingegangen wird und er eine Möglichkeit hat, Einfluss auf die Pflege zu nehmen und mitzubestimmen.

Die Mitarbeiterin wendet die basale Stimulation z.B. in einer Einzeltherapie bei immobilen Bewohnern regelmäßig in der Woche an. Mit verschiedensten Maßnahmen werden die einzelnen Sinne des Bewohners angesprochen:

  • das Hören
  • das Sehen
  • der Geschmack
  • der Tastsinn
  • das Riechen
  • Wahrnehmung von Vibrationen
  • Wahrnehmung von Lageveränderungen im Raum

Solche Maßnahmen können beispielsweise sein:

  • großflächige Berührungen einer Körperpartie
  • Musik oder Meeresrauschen abspielen usw.
  • Duftkerzen entzünden
  • Säcke gefüllt mit Erbsen in die Hände geben
  • Arme und Beine in ein Handtuch legen und langsam anheben und bewegen

Dabei werden die Reaktionen des Bewohners beobachtet. Unangenehme Maßnahmen werden sofort abgebrochen. Maßnahmen, die zum sichtlichen Wohlbefinden oder zu zielgerichtetem Handeln führen, werden fortgeführt.

Sämtliche Ergebnisse werden dokumentiert. So soll einer Deprivation vorgebeugt werden.

 

Ein weiterer Vorteil der Basalen Stimulation besteht darin, dass sie sehr gut in der Pflege von den Pflegekräften eingesetzt werden kann. Die Pflegekräfte können z.B. eine beruhigende oder belebende Ganzkörperwäsche durchzuführen ohne allzu großen zeitlichen Mehraufwand.

10-Minuten-Aktivierung:

Die „10-Minuten-Aktivierung“ macht es möglich, Bewohnern mit dementiellen Erkrankungen eine professionelle therapeutische Betreuung anzubieten. Das Konzept berücksichtigt die häufig begrenzten Personalressourcen ebenso wie die zeitlich limitierte

Konzentrationsfähigkeit verwirrter Senioren. Grundlage der Aktivierung ist der gezielte Einsatz vertrauter Gegenstände aus der Vergangenheit der Bewohner.

  • Die Kommunikation zwischen Bewohner, den Mitarbeitern und den Mitbewohnern soll gestärkt werden.
  • Biografisch verankerte Fähigkeiten des Bewohners sollen wieder aufgespürt werden.
  • Gelebte Antriebe (Ordnungssinn, Disziplin, Fürsorglichkeit usw.) sollen wiedererweckt werden.
  • Die Biographie des Bewohners soll vervollständigt werden.
  • Unsere Mitarbeiter sollen den dementen Bewohner besser verstehen und ihn als Menschen erleben, der Hobbys und Interessen hat.
  • Das Körpergefühl und die Bewegungsfähigkeit sollen gestärkt werden.
  • Eine Überforderung von Demenz-Patienten wollen wir vermeiden.

Wir setzen die „10-Minuten-Aktivierung“ am liebsten vormittags ein, da sich die Bewohner um diese Tageszeit am besten konzentrieren können. Sie kann aber auch nachmittags oder sogar nachts eingesetzt werden, bei z.B. unruhigen Bewohnern.

Wir ermitteln durch die Biografiearbeit, welche Themen für welchen Bewohner interessant sein könnten. Sehr belastende Gesprächsstoffe wie Krieg, Vertreibung und Hunger vermeiden wir. Dennoch dauert es manchmal sehr lange, bis wir einen Zugang zu den Erinnerungen des Bewohners schaffen können und sich ein echter Dialog entwickelt.

Die 10-Minuten-Aktivierung kann in der Gruppe oder mit einem einzelnen Bewohner umgesetzt werden. Neue Mitarbeiter werden selbstverständlich geschult und eingewiesen.

Gymnastik:

  • Vorbereitung 1 PK, bei der Übergabe am Morgen wird festgelegt wer dies verantwortlich macht Angehörige sind willkommen
  • Material im Flur zur Küche: Anleitungsbücher, Bänder, Seile, Bälle, Wurfspiele 
  • Auch stark eingeschränkte Bewohner verhalten sich anders in der Gruppe im Stuhlkreis
  • Immer Begrüßung und Verabschiedung, Störung sind zu vermeiden
  • Die Erfahrung des letzten halbes Jahres zeigte, dass unsere Bewohner gerne Ringe werfen, Ballspiele, aber auch gezielte Gymnastik umsetzen können.
  • Krafttraining
  • Balancetraining
  • Musik und Bewegung, (leichte Tänze im Sitzen, Einsatz von Geräten und Materialien wie z.B. Tücher, Bänder und selbst hergestellten Materialien) 

Motorische Fähigkeiten sollen durch die Übungen erhalten und möglichst verbessert werden, Der Haltungs- und Bewegungsapparat wird gestärkt und eine Verbesserung des Muskeltonus erzielt. Die gymnastischen Übungen dienen auch der Erhöhung des Sauerstoffbedarfs. Dadurch wird eine Verbesserung der Atmung, eine Anregung des Kreislaufs und des Stoffwechsels erreicht.

Kochen (Koch AG):
Stimulation der Bewohner durch gewohnte Tätigkeiten von früher, Stimulation durch Gerüche/Gewürze, Stimulation durch gemeinsames Zusammensein, Stimulation durch Gruppen und Einzelgespräche, Stimulation durch Wasser, Stimulation durch Gesang während des Kochens, Steigerung des Selbstwertgefühles, Angehörige sind willkommen

  • Rezeptbuch der Bewohnerideen
  • Zweitrangig ist es ob tatsächlich effektiv gearbeitet wird, ausgleichend putzen PK Obst und Gemüse
  • Bewohner werden im Vorwege von verantwortlichen PK nach Wünschen gefragt
  • Verantwortliche PK ist wer in der Woche der stattfindenden Koch AG Frühdienst hat
  • Küchenleitung wir am Mittwoch informiert/Besprechung der Zutaten 
  • (Immer gut Möhren, Gurke, Kartoffeln, Obst)
  • Am Tag der Koch AG werden alle Bewohner –die Interesse signalisieren an einen Tisch gesetzt
  • Begrüßung/Information über das Gericht/zum Erzählen von Früher ermuntern
  • Küchenleitung bereitet Geräte vor. Schälmesser, Schusseln, Tücher, Schüssel mit Wasser zum Putzen
  • Von Gemüse, Kräutertöpfe oder andere Gewürze werden zum Riechen bereitgestellt
  • PK mindestens 2 + Küchenkraft oder Verwaltungskraft (Doku)
  • Bewohner je nach Fähigkeit erhält ein Gemüse zum Schneiden/schälen
  • Bei Bedarf wird das gewechselt
  • PK unterstützen Bewohner und erkennen ggf. Gefahren
  • Hände werden in mit warmen Tüchern gewaschen
  • Dauer 60-90 Minuten
  • Aufräumen allen PK/Küchenpersonal
  • Das eigentliche Kochen übernimmt Küchenleitung
  • Gegessen wird an einem Tisch
  • Es wird für alle erwähnt, dass selber gekocht wurde

Singkreis:

  • Form: Stuhlkreis
  • Immer Begrüßung und Verabschiedung, Störung sind zu vermeiden
  • Angehörige sind willkommen, werden immer wieder eingeladen
  • Bewohner werden nach Wünschen gefragt ggf. fängt PK mit bekannten Liedern an
  • Liedertexte stehen zur Verfügung (im Flur zur Küche)
  • Musik hören 
  • Singen von bekannten Volksliedern, Evergreens, Lieder passend zur Jahreszeit 

Erinnerungen wecken, aktivieren vorhandener Fähigkeiten, 

Stärkung des Selbstwertgefühls. Anregen zur Kommunikation > Kontakte knüpfen. 

Durch das Singen die Ausdruckfähigkeit bei vorliegender Sprachstörung fördern, Schmerzen „ vergessen“ lassen. Durch Musikhören die bildliche Vorstellung, Phantasie, Wunschträume, 

Gespräche und Entspannung anregen. Gemeinschaftserlebnis schaffen  „Wohlbehagen“. 

Therapeutischer Tischbesuch:

Im Rahmen der Mahlzeiten wird Unterstützung und Gespräche Biografie bezogen oder Tagesereignisse angeboten, je nach Bedarf, um Ressourcen zu fördern und die Selbstbestimmung. Gemeinsames Erleben der Mahlzeiten, zum Erhalt der sozialen Kontakte und Förderung der Selbstständigkeit.

Jeden Montag werden die Angebote in Form eines Wochenplans für die Folgewoche im Glaskasten im Eingangsbereich unserer Einrichtung ausgehängt, immobile Bewohner erhalten den Plan in ihr Zimmer gebracht.

  1. Dokumentation und Qualitätssicherung

Die Dokumentation der durchgeführten Tätigkeiten und die Reflexion des Wohlbefindens erfolgt auf dem Einlegebogen von Pflegezeit und in der Dokumentation von Care- Cloud. Somit können unsere Pflegekräfte und unsere Betreuungskraft den Teilnahmeverlauf eines jeden Bewohners im Bereich der Einzel- und/oder Gruppenangebote dokumentieren und in monatlichen Fallbesprechungen, täglichen Übergaben oder während interdisziplinärer Besprechungen mit Mitarbeitern anderer Funktionsbereiche erörtern.

Unsere Betreuungskraft (Präsenzkraft nach § 43 b SGB XI) nimmt an ausgewählten themenspezifischen internen und externen Schulungen teil, um den eigenen Wissensstand

permanent zu erweitern, zudem muss sie sich mindestens einmal im Jahr weiterqualifizieren, um ihre Anerkennung zu behalten.